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Traunstein 1.691 m - Westwand

“Kaffee und Kuchen” 7+

Bericht: Samstag, 26.10.2013: Um 14.00 Uhr holte mich Robert von zuhause ab. Unser Vorhaben:  Die Traunstein-Westwand mit einer  Wandhöhe von 900 Meter und 1.065 Klettermeter zu durchsteigen. 29 Seillängen. Eine gewaltige Tour, die wir schon im Mai dieses Jahres vor hatten. Der erste Versuch scheiterte jedoch kläglich. Wir fanden nämlich nicht einmal den Einstieg der Route, vermutlich durch die  Schneereste verdeckt, die sich in diesem Bereich noch befanden. Das sollte uns jedoch diesmal nicht passieren. Die erforderliche Kletterausrüstung, Topo, Tourenbeschreibung, Kletterfibel und Proviant für zwei Tage wurden im Firmenbus von  Bert verstaut und anschließend fuhren wir nach Gmunden. Am Ende der  Traunsteinstraße, beim Umkehrplatz, parkten wir unseren fahrbaren Untersatz, in  welchem wir auch die Nacht verbrachten. Doch vorher mussten Robert und ich den  Einstieg der Klettertour finden. Wir wollten nicht nochmal mit „leeren Händen“  nachhause kommen und so machten wir uns auf den Weg. Wir nahmen gleich die  Kletterseile (zwei Halbseile mit 60 Meter), unsere Kletterpatscherl, 15 Expressen,  Karabiner, Bandschlingen und Reepschnüre mit, um sie gleich beim Einstieg zu deponieren. So sparten wir uns das mühsame  Hinaufschleppen der Ausrüstung am eigentlichen Klettertag.  Der Zustieg gestaltete sich nicht als der Einfachste. Man begibt sich zuerst in Richtung Naturfreundesteig Einstieg und danach beim Wasserreservoir bzw. Brunnen an der rechten Seite der Einzäunung vorbei.   Daraufhin folgten wir dem Bachbett. Einige Steilstufen, bis zum zweiten Schwierigkeitsgrad, sind zu überwinden. Am Ende des Bachbettes begibt man sich nach Rechts bis zum ersten Stand am Anfang einer engen Schlucht. Der Zustieg ist sehr steinschlaggefährdet und uns  begleitete ein mulmiges Gefühl am Weg zum Einstieg. Dieses Mal sprangen uns die beiden Bohrhaken förmlich ins Auge und wir ärgerten sich ein bisschen, dass wir sie nicht bereits im Mai gefunden hatten. Nagut. Das war Vergangenheit. Nun stand einem Durchstieg dieser  Riesenwand nichts mehr im Wege. Fast nichts... 29 Seillängen feinster Kletterei waren ja doch zu bewältigen. :-) Wir lagerten unsere  Ausrüstung im Bereich des Einstieges und stiegen nach kurzer Rast wieder ab zum Auto. Wir wollten uns noch etwas stärken um für den  morgigen Tag gerüstet zu sein. Beim Parkplatz angekommen, setzten wir uns beim Traunsee auf ein Bankerl und schmissen unsere  Gaskocher an. Robert kochte sich Risibisi und bei mir gab’s Nudeln mit Thunfisch. Mhmm…  Mit vollem Magen genossen wir die  traumhafte Kulisse am Traunsee. Ein glitzernder See, sternenklarer Himmel und flackernde Lichter der Stadt boten uns ein  Naturschauspiel sondergleichen. Sonntag, 27.10.2013: Die Nacht neben Hilti, Bohrmaschine und Messingrohre verbracht, standen Robert und ich um 04:30 Uhr auf.  Aufgrund der Zeitumstellung, konnten wir eine Stunde länger schlafen, was uns sicher nicht schadete. Um 05:00 Uhr machten wir uns im  Dunklen, den Weg erleuchtet durch unsere Stinlampen, auf, in Richtung Einstieg.  Um 05.45 Uhr angekommen, legten wir unsere  Klettergurte an und starteten um 06.00 Uhr in die Tour. Die erste Seillänge, im zweiten Schwierigkeitsgrat, bewältigten wir noch free solo, danach seilten wir uns an. Es war noch etwas finster und somit kletterten wir zunächst mit der Stirnlampe. Die ersten sieben Seillängen  gingen leicht von der Hand und einschließlich dem 45 minütigen Zustieg ein perfektes Aufwärmtraining. Wir stellten uns eigentlich auf  einen kalten Klettertag ein, da es ja doch schon Ende Oktober war. Der Wettergott ließ uns aber nicht im Stich. Es ging ein angenehmes  laues Lüftlein. Der Fels war staubtrocken und wir hatten perfekte Bedingungen. Ich war bekleidet mit kurzer Hose und langärmeligen  Shirt.   Wir wussten, dass die Tage schon sehr kurz sind und bereits um 16.45 Uhr die Sonne untergeht. Robert und ich mussten sich also beeilen und vor allem durften wir in den leichteren Seillängen keine Zeit verlieren. Dieser auferlegte Druck verflog jedoch rasch, als wir die ersten Meter zurückgelegt hatten und die traumhafte Kletterei genießen konnten. Die ersten Längen sind teilweise sehr brüchig und so gab es  gleich einmal eine Schrecksekunde. Frrrrrrrrrrrrr..... Ein Stein  sauste in Richtung Robert und schlug genau auf seinem Helm auf. Gott sei  Dank, passierte nichts Gröberes. Der Helm war noch Ganz und der harte Schädl vom Bertl natürlich auch!    Sodale. Nachdem wir die ersten sieben Seillängen geschnupft hatten, machten wir eine kurze Pause und stärkten uns ein bisschen für  den nun beginnenden schwereren Abschnitt. Ich startete in die erste 6+ und die Motivation für eine Rotpunkt-Begehung war hoch.  Puhh… Geschafft, aber ich wusste, dass es kein Honigschlecken wird. Robert stieg die Seillänge souverän nach und anschließend die  nächste 6+ vor. So kletterten wir in Wechselführung bis zur 15. Seillänge, wo wir die  nächste kurze Rast einlegten. Der Hangelquergang in der 11. Seillänge ( 7-) bereitete uns keine Schwierigkeiten, war aber eine echt lässige Passage. 15 Seillängen absolviert, theoretisch die Hälfte. Aber die schweren Längen lagen ja noch vor uns. Es begann gleich mal mit einer geschmalzenen 7- . Und da musste ich auch  meinen Traum einer Rotpunkt Durchsteigung aufgeben. Leider, aber die Plattenkletterei  ist eine Kunst für sich.  Robert konnte sie sturzfrei nachsteigen und machte sich an die  nächste 6er. Danach ging es weiter mit einer 6- und einer 5+. Natürlich kein Problem für  die Sierninger Buam.  ;-) Trotzdem spürten wir schon, dass es eine kräfteraubende Partie und ein echter Konditionskiller wird. Die 20.  Seillänge im 7. Schwierigkeitsgrat stieg ich wieder vor und die hatte es in sich. Leckomio. Kurz mal rasten und weiter geht’s. Geschafft.  Aber für einen lupenreinen Durchstieg müsste man sich das ganze Ding genau auschecken. Für das ist heute aber keine Zeit. Wir müssen  weiter. In der 22. Seillänge und einer weiteren 6+ passiert‘s dann auch dem Robert im  Nachstieg. Das Ende des berühmten roten Punktes. Er stürzt in dem großartigen  Piazriss. Naja, wir ließen uns dadurch nicht irritieren und gaben nochmals alles. Es folgen 25 Meter leichtes 3er Gelände und dann ging es nochmal richtig zur Sache.  35 Meter im Schwierigkeitsgrad 7- und 50 Meter 7+. Echt hart bewertet und die  Kräfte schwanden. Es war ein Kampf und das hörte man auch an den Urschreien, die  wir beim Klettern von uns gaben. Gut dass uns niemand hörte, da wir ja die einzige  Seilschaft in dieser Tour heute waren.  Ich muss sagen dass mir die 7+ nicht so schwer gefallen ist, wie zum Beispiel die plattige 7er der 20. Seillänge. Aber das ist wahrscheinlich „Geschmacksache“. Nun waren wir nach 10 Stunden in der Wand und 26 Seillängen um 16.00 Uhr beim Fluchtunnel angekommen. Jetzt wären noch 3 x 6+  Seillängen zu absolvieren gewesen. 16.00 Uhr. Hmmm… 3 Längen in 45 Minuten, bevor  es Dunkel werden würde… Keine Zeitreserve mehr… und den Abstieg von 2 Stunden  durften wir natürlich auch nicht vergessen. Für Bert und mich war klar, dass sich das  nicht mehr ausgehen kann und beendeten die Wahnsinnstour nach 10 Stunden reiner  Kletterzeit und 26 Seillängen über den Fluchttunnel. Die letzten 3 Seillängen heben wir  uns für nächstes Jahr auf. So haben wir wenigstens einen Grund zurückzukommen.   Daraufhin machten wir uns müde aber sehr zufrieden mit unserer Leistung an den  Abstieg über den Naturfreundesteig. Nach etwa einer Stunde brach die Dunkelheit  herein und wir montierten wieder unsere Stirnlampen am Helm. Dann sahen wir es schon am Horizont mächtig Blitzen und Donnern. Ein  Gewitter näherte sich rasch. Wir erhöhten das Tempo und erreichten bei beginnendem Regen den Ausstieg des Naturfreundesteiges bei  den Tunneln. Nun ging es noch die Straße entlang bis zum Parkplatz. Im Laufschritt dem Auto nähernd, erwischte uns das kühle Nass aber noch so richtig. Es schüttete aus Kübeln und wir erreichten um ca. 18.00 Uhr  patschnass  das Auto. Das Gewitter befand sich nun genau über uns und wir waren froh, unseren faradäischen Käfig benützen zu können. Zufrieden aber k.o. machten  sich Robert und ich auf den Heimweg. Fazit: Diese Tour war der Hammer! Sehr fordernd, ein echter Konditionskiller.  Jedoch war es zeitlich am Limit. Wir wussten dass die Tage um diese Jahreszeit  schon sehr kurz sind und wir nicht viel Zeit haben. Und es war auch eine knappe  Geschichte. Den Abstieg im Dunklen zu bestreiten, war mit den Stirnlampen kein  Problem. Aber wenn wir die letzten drei Seillängen auch noch angegangen wären,  hätte uns die Dunkelheit schon viel früher erwischt. Weiters hätte uns das Gewitter auch noch größere Probleme bereitet und unser  Abenteuer  in einem Alptraum enden können. Unser Bauchgefühl hat uns somit nicht im Stich gelassen und am Ende des Tages wussten  wir, die richtige Entscheidung gefällt zu haben. Nächstes Jahr werden wir die Tour im Sommer wiederholen und uns die letzten drei  Seillängen auch noch holen. Vielleicht diesmal im Rotpunkt.
Richard Egger
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